Selbstfürsorge

Warum ist die Selbstfürsorge so bedeutsam?

In den letzten Jahren hat sich die Arbeitswelt deutlich gewandelt. Die psychischen Anforderungen, die an Arbeitnehmer:innen gestellt werden, haben stark zugenommen. Zeit- und Termindruck, eine hohe Arbeitsmenge und ständige Unterbrechungen sind nur drei Beispiele hierfür und zählen zu den häufigsten Belastungsfaktoren. Hinzu kommt, dass gesellschaftliche Entwicklungen und technische Neuerungen neue Stressoren hervorbringen, die ebenfalls belastend sein können, so z. B. die dauerhafte Erreichbarkeit, die Informationsfülle sowie die erforderliche Mobilität und Flexibilität. Folgen dieser Entwicklungen sind zunehmende psychische Beanspruchungen, wie Stresserleben und Erschöpfung (Burnout), aber auch psychische Erkrankungen. Eine Zunahme von Arbeitsunfähigkeitstagen und Frühverrentungen aufgrund psychischer Störungen macht deutlich, dass es neuer Präventionsansätze bedarf (Bundespsychotherapeutenkammer, 2015; Deutsche Rentenversicherung Bund, 2014).

Seit geraumer Zeit wird der Selbstfürsorge in der Gesellschaft zunehmend Bedeutung beigemessen. Den Fokus stärker auf die Selbstfürsorge auszurichten, scheint besonders notwendig vor dem Hintergrund der gestiegenen (Arbeits-)Anforderungen und der daraus resultierenden Folgen wie Stresserleben und Burnout. Eine gute Selbstfürsorge – das zeigen erste Forschungsbefunde – bringt einen präventiven Nutzen mit sich (Dahl, 2017; Dahl, 2019).


Was ist Selbstfürsorge?

Bislang gibt es keine allgemeingültige Definition des Begriffes Selbstfürsorge. Auf Basis umfassender Literaturrecherchen und Trainingserfahrungen wurde von Dahl und Dlugosch (2020) folgendes Begriffsverständnis entwickelt:

Dieses Verständnis spiegelt zwei wesentliche Aspekte der Selbstfürsorge wider: Selbstfürsorge findet einerseits Ausdruck in einer bestimmten Haltung sich selbst gegenüber, die von Liebe und Wertschätzung geprägt ist. Zum anderen geht die Selbstfürsorge mit aktivem Handeln einher – mit dem Ziel, das eigene Wohlergehen, sowohl das psychische als auch das körperliche, sicherzustellen.

Das Selbstfürsorge-Seminar „Besser leben!“

Das Seminar „Besser leben! Selbstfürsorge für psychosoziale Fachkräfte“ wurde im Arbeitsbereich Gesundheit und Wohlbefinden am zepf entwickelt. Ausgangspunkt hierfür war das Wissen um die hohe psychische Belastung und das ausgeprägte Stress- und Erschöpfungserleben im psychosozialen Arbeitsfeld. Ziel des Seminarkonzeptes ist es daher, Belastungsfolgen wie Burnout oder psychischen Erkrankungen vorzubeugen und die psychische Gesundheit zu stärken.

Das Seminarkonzept besteht aus fünf Einheiten mit einem Umfang von jeweils 4 Stunden. Neben der Förderung der Selbstfürsorge nimmt auch die Schulung in Achtsamkeit einen wichtigen Stellenwert ein. In den Seminareinheiten wechseln sich theoretische Inputs, Reflexionen, Übungen und der Austausch zwischen den Teilnehmer:innen ab. Am Ende jeder Einheit erhalten die Teilnehmer:innen Impulse mit Ideen, wie das Gelernte in den (Arbeits-)Alltag einfließen kann.

Das Besser leben!-Seminarkonzept (Dahl & Dlugosch, 2020)

Studienergebnisse

In einer großangelegten Studie mit 84 Fachkräften der psychosozialen Arbeit wurde die Wirksamkeit des Seminarkonzeptes überprüft. Bei den Seminarteilnehmer:innen konnten eine Reduktion des Stresserlebens und des Ausmaßes an Erschöpfung sowie eine Erhöhung der Achtsamkeit und der Selbstwirksamkeit nachgewiesen werden. Ebenso zeigte sich eine Verbesserung der Selbstfürsorge. Qualitative Angaben belegen, dass viele der Teilnehmenden begonnen haben, aktiv zu ihrem Wohlergehen beizutragen. Dies tun sie einerseits, indem sie ihre Ressourcen (wie z. B. Achtsamkeit, Bewegung, Entspannung) bewusster nutzen und leben. Andererseits werden Belastungen reduziert, bspw. durch die Reduktion von Aufgaben. Auch im Hinblick auf den Umgang mit Stress sind deutliche positive Veränderungen erkennbar. So wird das Stressaufkommen frühzeitig wahrgenommen. Viele versuchen, Stress gar nicht erst entstehen zu lassen, beispielsweise durch eine bessere Planung des Arbeitstages. Auch veränderte Haltungen, die durch mehr Ruhe und Gelassenheit gekennzeichnet sind, reduzieren das Stresserleben. Um Aufschluss über die langfristige Wirksamkeit der Intervention zu erhalten, wurden alle Probanden ca. drei Jahre nach ihrer Seminarteilnahme erneut befragt. Alle Ver­änderungen konnten auch nach diesem langen Zeitraum nachgewiesen werden, was für den nachhaltigen präventiven Nutzen der Intervention spricht (Dahl, 2019).


Publikationen

Dahl, C. & Dlugosch, G. E. (2019). Besser leben! Ein Seminar zur Stärkung der Selbstfürsorge von psychosozialen Fachkräften. Prävention und Gesundheitsförderung, 15 (1), 27-35. https://doi.org/10.1007/s11553-019-00735-2

Dahl, C. (2019). Warum es sich lohnt, gut für sich zu sorgen. Über den langfristigen Nutzen der Selbstfürsorge – Ergebnisse zweier empirischer Studie. Prävention und Gesundheitsförderung, 14 (1), 69-78. https://doi.org/10.1007/s11553-018-0650-5

Dahl, C. (2018). Ein Plädoyer für mehr Selbstfürsorge. Über den präventiven Nutzen der Selbstfürsorge am Beispiel psychosozialer Fachkräfte. Prävention und Gesundheitsförderung, 13 (2), 131-137. https://doi.org/10.1007/s11553-017-0626-x


Ausgewählte Vorträge des Arbeitsbereiches zum Thema Selbstfürsorge

  • Vortrag: „Besser leben! Selbstfürsorge für psychosoziale Fachkräfte – Ein Seminarkonzept zur Stärkung der psychischen Gesundheit“
    (DVSG Bundeskongress, Kassel, 2019)
  • Vortrag: „Selbstfürsorge – persönliche Ressourcen entdecken“
    (Frauenbüro des Saarpfalz-Kreises, Homburg, 2015)

Ausgewählte Fortbildungen des Arbeitsbereiches zum Thema Selbstfürsorge

  • Workshop: „Selbstfürsorge für psychosoziale Fachkräfte – persönliche Ressourcen entdecken“
    (Netzwerk Kindeswohl und Kindergesundheit, Speyer, 2019)
  • Workshop: „Selbstfürsorge für Hospizbegleiter – Ressourcen im Alltag nutzen“
    (Ambulanter Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienst Landau/Südliche Weinstraße, 2014)


Quellen

BundesPsychotherapeutenKammer (Hrsg.). (2015). BPtK-Studie zur Arbeitsunfähigkeit. Psychische Erkrankungen und Krankengeldmanagement 2015. Zugriff am 06.06.2015. Verfügbar unter: https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2019/01/20150305_bptk_au-studie_psychische-erkrankungen_und_krankengeldmanagement.pdf

Dahl, C. (2019). Warum es sich lohnt, gut für sich zu sorgen. Über den langfristigen Nutzen der Selbstfürsorge – Ergebnisse zweier empirischer Studie. Prävention und Gesundheitsförderung, 14 (1), 69-78. https://doi.org/10.1007/s11553-018-0650-5

Dahl, C. (2017). Selbstfürsorge für psychosoziale Fachkräfte. Eine Studie zur psychischen Bean­spruchung und zu beruflichen Belastungsfaktoren sowie Evaluation einer Gesund­heits­för­derungs­maßnahme zur Stärkung der Selbstfürsorge im Rahmen einer randomisiert kontrollierten Studie. Landau: Verlag Empirische Pädagogik.

Dahl, C. & Dlugosch, G. E. (2020). Besser leben! Ein Seminar zur Stärkung der Selbstfürsorge von psychosozialen Fachkräften. Prävention und Gesundheitsförderung, 15 (1), 27-35. https://doi.org/10.1007/s11553-019-00735-2

Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.). (2014). Rentenversicherung in Zeitreihen 2014 (DRV-Schriften Nr. 22). Zugriff am 31.03.2015. Verfügbar unter www.deutsche-rentenversicherung.de/cae/servlet/contentblob/238700/publicationFile/62588/03_rv_in_zeitreihen.pdf